Sonntag, 29. Juli 2012

MEMORY - ZUM TOD VON FERRARI-DESIGNER SERGIO PININFARINA


Tragischer Visionär

Er schuf unwiderstehliche Modelle für Ferrari und andere Autobauer - und nebenbei ein Design-Imperium. Sergio Pininfarina war ein Genie, als Industrieller und Formschöpfer. Am Ende musste er trotzdem hilflos zusehen, wie sein Lebenswerk zerbrach.

Am Ende muss der Tod eine Erlösung für ihn gewesen sein. Vier Jahre zuvor hatte er seinen Sohn Andrea zu Grabe tragen müssen und anschließend den quälenden Niedergang des Familienunternehmens verfolgt. Sergio Pininfarina, der Großmeister des italienischen Designs, starb an diesem Dienstag nach langer Krankheit im Alter von 85 Jahren. Von seinem Lebenswerk blieb am Ende nicht viel mehr übrig als der klangvolle Name.
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Sein Vater Battista Farina hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg geschafft, mit dem Cisitalia 202 die Form des Sportwagens neu zu definieren. Der Klassiker steht heute im New Yorker Museum of Modern Art. Sergio, der das Familienunternehmen Ende der sechziger Jahre übernahm, stand ihm in nichts nach. Unter seiner Regie entstanden eine ganze Reihe von Ferraris, darunter 1967 der 246 mit dem Kosenamen Dino, der als einer der schönsten Sportwagen aller Zeiten gilt. Auch der Alfa Romeo Duetto, den Dustin Hoffman im Film "Die Reifeprüfung" verewigte, stammt aus seiner Feder.
Mit seiner Studie namens Aerodynamica lieferte er in den späten sechziger Jahren das Vorbild für etliche Entwürfe anderer Hersteller. Citroën leitete daraus den GS und den CX ab, Alfa Romeo den Alfasud. Doch die Raubkopierer stören Pininfarina nicht. Im Gegenteil: "Wenn unsere Idee kopiert wird, heißt das doch, dass sie gut war", sagt er später einmal.
Am Ende muss der Tod eine Erlösung für ihn gewesen sein. Vier Jahre zuvor hatte er seinen Sohn Andrea zu Grabe tragen müssen und anschließend den quälenden Niedergang des Familienunternehmens verfolgt. Sergio Pininfarina, der Großmeister des italienischen Designs, starb an diesem Dienstag nach langer Krankheit im Alter von 85 Jahren. Von seinem Lebenswerk blieb am Ende nicht viel mehr übrig als der klangvolle Name.
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Sein Vater Battista Farina hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg geschafft, mit dem Cisitalia 202 die Form des Sportwagens neu zu definieren. Der Klassiker steht heute im New Yorker Museum of Modern Art. Sergio, der das Familienunternehmen Ende der sechziger Jahre übernahm, stand ihm in nichts nach. Unter seiner Regie entstanden eine ganze Reihe von Ferraris, darunter 1967 der 246 mit dem Kosenamen Dino, der als einer der schönsten Sportwagen aller Zeiten gilt. Auch der Alfa Romeo Duetto, den Dustin Hoffman im Film "Die Reifeprüfung" verewigte, stammt aus seiner Feder.
Mit seiner Studie namens Aerodynamica lieferte er in den späten sechziger Jahren das Vorbild für etliche Entwürfe anderer Hersteller. Citroën leitete daraus den GS und den CX ab, Alfa Romeo den Alfasud. Doch die Raubkopierer stören Pininfarina nicht. Im Gegenteil: "Wenn unsere Idee kopiert wird, heißt das doch, dass sie gut war", sagt er später einmal.
Brot-und-Butter-Autos brachten ein Vermögen
Doch es waren nicht nur sündhaft teure Sportwagen, die Pininfarina auf den Weg brachte. Auch Großserienfahrzeugen von Peugeot oder Mitsubishi verlieh er einen ganz eigenen Charakter. Mit den Franzosen arbeiteten die Italiener fast ein halbes Jahrhundert zusammen. Die Familienlimousinen 403 und 404 genossen zu ihrer Zeit den Ruf als französischer Mercedes. Auch der 504 und das dazu gehörige Cabrio sind heute gesuchte Klassiker.
Dabei verstand Sergio Pininfarina sich nicht allein als Designer - er war vor allem Industrieller. Er sammelte talentierte Zeichner um sich, gab die groben Linien vor und leitete anschließend den Kreativprozess. Längst aber brachten Entwicklungsaufträge und die Produktion ganzer Autos den größeren Teil des Umsatzes. In den drei Fabriken rund um Turin und in Schweden entstanden Alltagsmobile wie der StreetKa und das Focus Cabrio von Ford oder das V70 Cabrio von Volvo. Für den chinesischen Hersteller Chery entwickeln die Italiener gleich ein ganzes Auto. In anderen Abteilungen von Pininfarina entstehen Espressomaschinen, Skischuhe oder Blaupausen für Eisenbahnzüge.
Pininfarina war nicht nur ein Avantgardist der Formschönheit. Früh bereits erkannte er, wie wichtig eine strömungsgünstige Karosserie ist - und baute dafür einen der ersten Windkanal-Anlagen. In den achtziger Jahren stellte er den Ecos vor, einen kleinen Stadtwagen mit Elektroantrieb. 1996 folgte der Etabeta mit Hybridantrieb.
Die Anregungen verschwanden allerdings schnell wieder in der Versenkung. Stattdessen wurden die Autos schneller, schwerer und größer. "Die Umweltproblematik wurde damals noch nicht als dringend wahrgenommen", erinnert sich Pininfarina 2007 in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung". Trotzdem: Ähnlich wie die spektakulären Designstudien dienten die verwegenen Mobile dazu, das Ansehen des Unternehmens zu mehren.
Verhängnisvoller Fehler beim Fabrikbau
Es war dann die Serienfertigung, die das Lebenswerk Pininfarinas an den Rand des Ruins führte. Sergios ältester Sohn Andrea hatte beim Ausbau der Fabrikationsanlagen nicht beachtet, dass die Autohersteller inzwischen dank moderner Fertigungsmethoden auch exklusive Kleinserien selbst produzieren konnten. 2005 und 2006 liefen dann einige Großaufträge aus. Pininfarina geriet tief in die roten Zahlen.
Hilflos musste der Alte mit ansehen, wie die Substanz des Unternehmens mehr und mehr aufgezehrt wurde. 2006 schließlich handelt Andrea mit den Gläubigern einen Sanierungsplan aus - doch bevor er ihn umsetzen kann, stirbt er bei einem Unfall. 2009 hat das Traditionsunternehmen schließlich rund 600 Millionen Euro Schulden. Inzwischen lenkt Andreas Bruder Paolo die Geschicke der Firma.